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The Secret of Timber Cove von Casey Stone und Christine Troy - Buchvorstellung

06:00

Casey Stone und Christine Troy haben mit "The Secret of Timber Cove" den zweiten Teil der Secret Reihe veröffentlicht.

Kurzbeschreibung:
Journalist Miles Colter steht kurz davor, seinen Job beim San Francisco Chronicle zu verlieren. Die letzte Rettung könnte eine Reportage über das Timber Cove Spa und Wellness Resort sein, zu der er von seinem Boss verdonnert wird. Miles ist wenig begeistert, hat er seine Zeit doch anders verplant.

Als er vor Ort auf die junge Ruby trifft, ändert sich plötzlich alles. Er entdeckt Geheimnisse, die unglaublich erscheinen und ihm die Geschichte für seine bisher so magere Karriere liefern könnten.
Wird er sich in das Abenteuer seines Lebens wagen?

In sich geschlossener Teil 2 der Secret Reihe.

Meinung:
Dieses Cover passt perfekt in die Reihe und zu der Geschichte. Wer genau hinsieht, erkennt den rubinfarbenen Fischschwanz und kann sich daher denken, dass es in dieser Geschichte um Ruby geht.
Ruby, die jüngere der beiden geretteten Schwestern, die wir in "The Secret of Shelter Cove" schon kurz kennen lernen durften arbeitet zusammen mit ihrer Schwester in dem Timber Cove Spa Resort, über das der Journalist Miles Colter eine Reportage schreiben soll. Sie ist erst einmal nicht begeistert von ihm und seiner Art, aber so nach und nach, kann sie ihm nicht widerstehen. Er bekommt sie von der ersten Sekunde an nicht aus seinem Kopf, hat aber er hat auch noch ein anderes Problem, um das er sich kümmern muss. Als er dann entdeckt, was Ruby und ihre Schwestern sind, will er ihnen nur noch helfen.
Dies ist eine actionreiche Story, die mich sofort in ihren Bann gezogen hat. Das Autorenduo Casey Stone und Christine Troy haben einen emotionsgeladenen und fesselnden Schreibstil, der mich als Leser total begeistert. Ich habe schon den ersten Teil verschlungen und mich riesig auf die Fortsetzung gefreut. Ich wurde nicht enttäuscht und freue mich nun auf den dritten Teil der Secret Reihe.

Fazit:
Wieder eine Romantasy, die auch nicht bekennende Fantasy-Fans begeistern wird. Eine tolle Mischung aus viel Spannung, die mich ein paar mal den Atem anhalten lies, aber auch Erotik, Drama und Liebe.

Leseprobe:
Prolog
Die Verbreitung von Informationen, Meinungen und Unterhaltung durch die Massenmedien sind mein Job als Journalist, der im Moment alles andere als gut läuft.



Gelangweilt sitze ich im Büro meines Vorgesetzten, starre an ihm vorbei aus dem Fenster und warte auf irgendeine Reaktion. Zwischen Hm und Ah erklingt das nervtötende Geräusch von knirschendem Plastik. Ununterbrochen kaut er auf seinem Kugelschreiber herum.


»Was erhoffst du dir dadurch, Miles? Ich meine, das ist der vierte oder fünfte Artikel zum gleichen Thema«, lauten die Worte, die mir am Arsch vorbeigehen. Wenigstens hat er aufgehört, seinen Stift zu malträtieren.


»Der Blog läuft, Pete, es werden täglich mehr Leser. Wir brauchen einfach nur noch etwas Geduld.«


»Geduld ist das richtige Stichwort. Seit wann arbeitest du für uns?«, fragt er mich allen Ernstes. Jetzt bekomme ich eine Predigt und am Ende droht er mir mit der Kündigung. Dann kommt alles wieder ins Laufen, es gibt ein Lob und ich habe für ein paar Wochen meine Ruhe. Jedes Mal der gleiche Ablauf, den ich bereits in und auswendig kenne. Manchmal frage ich mich, warum ich überhaupt Journalismus studiert habe.


»Etwas mehr als zehn Jahre«, antworte ich.


»Zehn Jahre, zwei Monate, eine Woche und drei Tage, Miles, und seit mehreren Wochen hast du mir nichts Vernünftiges geliefert.« Klugscheißer, denke ich. Pete faselt, wie sonst auch, seinen Lebenslauf herunter, wie er zum Chef des San Francisco Chronicle wurde und wie viele Erfolge er doch in den letzten Jahren zu verzeichnen hatte. Für mich ist das alles nur langweiliges Gewäsch, weil es in unserer Branche Höhen und Tiefen, wie in jedem anderen Business auch, gibt.


»Hörst du mir überhaupt zu?«, holt er mich fragend aus meinen Gedanken.


»Ja, Pete. Ich suche nach einem Thema, um die Menschen noch mehr zum Lesen zu bewegen«, behaupte ich einfach, damit er endlich von seiner Rede ablässt und ich in meinen Feierabend gehen kann. Heute ist Freitag, draußen ist es brütend heiß und ich will mit ein paar Freunden an den Strand.


»Das ist doch mal ein Anfang und damit dir nicht langweilig wird, fährst du noch heute nach Timber Cove. Letzten Monat hat das TC Spa und Wellness Resort neu eröffnet, der Inhaber ist ein guter Freund von mir. Schau dir am Wochenende alles ganz genau an und schreibe einen Artikel darüber, den ich Montagmittag auf meinem Tisch liegen habe.« Bitte was? Hat der mir gerade mein Wochenende gestrichen?


»Aber Pete, ich ...«


»Du bekommst eine Suite, drei Mahlzeiten und musst nichts dafür bezahlen. Ich denke, um diese Möglichkeit würden sich hier viele Kollegen reißen. Solltest du widererwarten schneller fertig sein, heißt dein nächster Auftrag Bestsellerautor. Er ist seit sechs Monaten wie vom Erdboden verschwunden. Finde heraus, wo sich J.D. Anderson herumtreibt, woran er gerade arbeitet und was er in letzter Zeit so getrieben hat. Alles klar? Prima, dann raus mit dir und bis Montag.« Völlig sprachlos steht mir der Mund offen. Was bitteschön war das gerade? Augenblicklich will ich etwas dazu sagen, als Petes Sekretärin Monica das Büro betritt.


»Hey, Miles«, sagt sie lächelnd, geht um den Tisch herum, um unserem Boss ein paar Unterlagen hinzulegen. Dabei zwinkert sie mir zu und spitzt kurz ihre Lippen, ohne dass Pete etwas davon bemerkt.


»Du hast einen Auftrag. Worauf wartest du, Miles?« Wortlos erhebe ich mich von meinem Stuhl und gehe hinaus.


»Warte, Süßer«, flüstert Monica, nachdem sie mir aus dem Raum gefolgt ist und die Tür hinter sich geschlossen hat. »Hast du heute Abend Zeit und Lust?« Oh Mann! Wie kann man auf diese Blondine mit den heißen Kurven keine Lust haben? Wenn Pete wüsste, dass ich gelegentlich mit Monica schlafe, hätte er mich garantiert schon gefeuert. Denn vor ziemlich genau einem Jahr hatte er das Problem mit einem Mitarbeiter namens Sergio, der seinen Charme bei sämtlichen Kolleginnen spielen ließ und eine nach der anderen flachgelegte. Das Resultat: Ein Großteil der Damen verließ die Redaktion, da es Streitigkeiten unter ihnen gab. Jede wollte Sergio gefallen und mit ihm zusammen sein. Der Zickenkrieg war nicht mehr zu vertreten, weshalb Pete sich von einigen, auch von unserem selbsternannten Chronicle-Casanova, trennen musste.


Seitdem herrschte Ruhe, bis Monica vor ein paar Monaten anfing bei uns zu arbeiten. Sie ist das männliche Pendant zu Sergio: rattenscharf. Damit verdreht sie sogar unserem Boss den Kopf. Wenn er sich unbeobachtet fühlt und sie in der Nähe ist, starrt er ihr entweder auf den Hintern oder die Brüste, denn sowohl das eine als auch das andere sind wohlgeformt und echt heiß. Ich bin mir sicher, er hat bereits heimlich versucht, bei ihr zu landen.


»Tut mir leid, er hat mich zum Durcharbeiten verdonnert«, erwidere ich genervt.


»Oh, du armes Baby. Vielleicht kann ich dir dabei zur Hand gehen?« Der Blick, den sie mir mit ihrer Frage zuwirft, ist sehr deutlich. Und auch wenn mein Freund in seinem Baumwollgefängnis nichts sehen kann, hat er anscheinend Ohren, denn er macht sich bemerkbar. Ein Penis mit Ohren? Kopfschüttelnd verdränge ich meinen total dämlichen Gedanken und schaue auf Monicas volle Lippen. Allein die Vorstellung, ihr die Klamotten vom Leib zu reißen und sie in der Dusche von hinten zu nehmen, macht mich an. Für einen Moment überlege ich, ob ich sie mitnehmen sollte.


»Ich soll nach Timber Cove fahren, da hat ein Spa und Wellness Resort neu eröffnet. Wenn Pete den Inhaber nicht kennen würde, hätte ich gesagt, komm einfach mit ...«


»Oh Gott bist du süß«, fällt sie mir augenblicklich ins Wort. »Natürlich begleite ich dich, wenn ich ein ganzes Wochenende mit dir haben kann.« Oh Mann! So war das überhaupt nicht gemeint.


»Wenn wir dort zusammen aufkreuzen, gibt es mit Sicherheit Probleme«, wende ich rasch ein. Monica schüttelt überraschend ihren Kopf.


»Mach dir darum keine Gedanken, ich lasse mir was einfallen. Wann fährst du los?«, möchte sie von mir wissen.


»Ich packe nur ein paar Sachen ein, sage meinen Jungs Bescheid und mache mich gleich auf den Weg. Immerhin hängt mein Leben, nein warte, mein Job davon ab«, antworte ich und verdrehe dabei die Augen.


»Dann lass dir Zeit, Süßer. Ich habe noch ein wenig zu tun und komme später nach. Hast du irgendeinen besonderen Wunsch für die Nacht?« Worauf sie mit ihrer Frage abzielt, muss sie nicht erklären, sie weiß, wie sehr ich auf heiße und verruchte Dessous stehe.


»Hm, ich wüsste da schon was«, erwidere ich sofort. Monica drückt mir kurz und sanft einen Finger auf die Lippen.


»Ich werde dich überraschen, wenn du versprichst, mich dafür richtig ranzunehmen«, flüstert sie mir zu. Weil hinter uns die Tür aufgeht, tritt sie einen Schritt auf die Seite an ihren Schreibtisch. »Ich benötige am Montag nur die Angabe wie viele Meilen Sie gefahren sind, Mr. Colter, dann kümmere ich mich um die Abrechnung«, sagt sie, was mir deutlich macht, dass Pete gerade aus seinem Büro gekommen ist.


»Selbstverständlich, Ms. Cunningham. Danke für die Information«, erwidere ich freundlich. Den Dank – dafür, dass sie mich nicht auflaufen lassen hat – bekommt sie, sobald wir ungestört in der Suite dieses Spas sind.


Rasch gehe ich zu meinem Arbeitsplatz, packe meine Sachen ein und suche anschließend die Tiefgarage auf. Eigentlich bin ich wütend darüber, dass ich am Wochenende arbeiten muss, und mein Boss weiß ganz genau, wie sehr mich der Touristikbereich langweilt. Dank seiner Sekretärin werde ich jedoch wenigstens etwas Spaß haben. Das letzte Mal, als wir uns miteinander vergnügten, liegt schon ein oder zwei Wochen zurück, weil ich viel zu tun hatte und sie unterwegs war. Genauer gesagt hielt ich von Monica Abstand, weil sie mir mit dem Beziehungskram kam, den sie gerne mit mir haben will, ich aber nicht mit ihr. Wir verstehen uns gut, sie ist hübsch und verdammt heiß, allerdings will ich keine feste Bindung eingehen – noch nicht.


Ruby | Timber Cove Resort
»Bist du wirklich so dumm oder tust du nur so?«, poltert Tanja und reißt meiner Schwester das Laken aus der Hand. »Hört mal Mädchen«, sagt sie und sieht uns aus ihren rotgeäderten Augen an, »das kann so nicht weitergehen. Wie oft habe ich euch jetzt erklärt, dass keine Falten mehr sein dürfen? Die Ecken der Laken müssen genau so untergeschlagen werden.« Damit beugt sich die zentnerschwere Frau über die Matratze des Doppelbetts und hebt sie an. Tanja Edwards ist die Hausdame im Timber Cove Resort, sie arbeitet seit über zehn Jahren hier, also schon vor der Neueröffnung, und ist nicht nur ein wichtiger Teil des Spas, sondern auch unsere Vorgesetze.


»Habt ihr beiden das jetzt verstanden?«, fragt sie schnaubend und wendet sich zu uns um.


»Ja, Ms. Edwards«, antwortet Jade schüchtern. Ach, du Weichei, schimpfe ich meine Schwester in Gedanken und strafe sie mit einem Muss-das-sein-Blick. Ich habe ihr schon hundertmal gesagt, dass man mit Arschkriechen nicht weit kommt. Im Leben zählt nur eines: Durchsetzungsvermögen.


»Gut, dann macht eure Arbeit jetzt ordentlich. Ich habe keine Zeit, euch beiden hinterherzuräumen. Wir sind nach wie vor unterbesetzt, und das obwohl Sonntagabend die große Wiedereröffnungsfeier steigt.« In ihrem schwarzen Kostüm und der roten Bluse, die mit der gewaltigen Menge ihrer Oberweite zu kämpfen hat, kommt sie auf uns zu.


»Keine Fehler mehr«, warnt sie, streicht sich eine ihrer aschblonden Locken aus der Stirn und stapft, kaum dass wir mit unserem Ja Ma´am antworten konnten, aus dem Zimmer. Mit der ins Schloss fallenden Tür weicht Jades Anspannung. Die Luft ausstoßend lässt sie die Schultern sinken.


»Uff, das war knapp«, meint sie und geht an den Kopf des Bettes, um das restliche Laken wie verlangt unterzuschlagen.


»Ach was«, winke ich ab und setze mich auf die Matratze. »Das war doch bloß heiße Luft. Tanja ist nur wegen der Eröffnungsfeier gereizt, das ist alles. Außerdem kann sie uns gar nicht feuern, sie ist auf uns angewiesen. Hast es ja selbst gehört, das Resort ist unterbesetzt.«


»Ruby«, zischt meine Schwester, den Blick besorgt zur Tür gerichtet, als befürchte sie, Tanja könnte mich hören. »Reiß dich jetzt endlich mal zusammen. Schon vergessen, was für uns auf dem Spiel steht?« Nein, das habe ich nicht. Wie könnte ich auch. Die letzten Monate waren der Horror. Nachdem uns Saphira und ihre Freunde aus dem Labor des Schreckens befreit hatten, dachten Jade und ich, wir könnten den Albtraum hinter uns lassen. Womit wir allerdings nicht gerechnet hatten war, dass Isaak und Jason unser Leben auf unwiderrufliche Weise zerstört hatten. Bis heute wissen wir nicht, wie es den beiden gelang, die Beamten davon zu überzeugen, dass wir tatsächlich in den Flammen ums Leben kamen. Isaak und Jason … diese beiden Dreckschweine. Den Blick ins Leere gerichtet, erinnere ich mich an damals, an die schlimmste Zeit unseres Lebens.




 Es ist nun ziemlich genau ein Dreivierteljahr her, als wir die Jungs in unserem Urlaub auf Honolulu kennenlernten. Meine Schwester und ich kommen ursprünglich aus Riverton - Wyoming. Den Urlaub auf Hawaii hatten wir uns monatelang mühsam zusammengespart. Schließlich haben wir keine reichen Eltern, die uns so einen Trip oder andere Vorzüge finanzieren könnten. Nein, für Waisen wie uns ist das Leben kein Zuckerschlecken. Umso mehr freuten Jade und ich uns auf die Zeit am Meer. Wenn wir damals nur gewusst hätten, was Isaak und Jason im Schilde führten. Aber wer hätte denn ahnen können, dass ein harmloser Flirt unser Leben zerstören würde? Es war an unserem zweiten Urlaubstag, als wir die zwei am Strand kennenlernten und uns von ihnen einen Drink spendieren ließen. Sie waren sympathisch und machten alles andere als einen gefährlichen Eindruck. Arglos verabredeten wir uns mit ihnen auf einen Filmabend. Jade hatte sich in Isaak verguckt, was mich freute, weil sie ein sehr zurückhaltender Mensch ist und niemanden so schnell an sich heranlässt. Anfangs lief alles bestens, es versprach ein spaßiger Abend zu werden. Wir unterhielten uns über Gott und die Welt. Die zwei hatten Unmengen an Fragen, wie zum Beispiel, wo wir arbeiten oder wie viel Freunde und Familie wir hatten. Heute weiß ich, dass sie nichts anderes im Sinn hatten, als uns auszuhorchen. Letztlich hatten sie dann wohl genug Informationen. Von jetzt auf dann fielen sie über uns her und betäubten uns. Als wir wieder zu uns kamen, lagen wir auf Stahlbahren gefesselt in einer Lagerhalle, abseits der Stadt. Sie hatten uns verschleppt, um irgendwelche verdammten Tests an uns durchzuführen. Professor Connor, der Kopf der Bande, verabreichte uns ein Serum, das, wie sich bald zeigte, unsere Körper veränderte. Irgendwann, ich hatte bereits mit dem Leben abgeschlossen, tauchten dann Saphira und ihre beiden Begleiter auf und befreiten uns. Als Jade und ich jedoch in die Pension, in der wir wohnten zurückwollten, fanden wir nur eine ausgebrannte Ruine vor. Isaak und Jason hatten gute Arbeit geleistet. Das Gebäude war bis auf die Grundmauern abgebrannt. Die Behörden waren, dank der beiden, der Meinung, wir wären in den Flammen umgekommen. Koffer, Klamotten, Pässe, einfach alles war zerstört. Wir waren am Ende, standen buchstäblich vor dem Nichts. Und das Allerschlimmste: Wir konnten nicht zurück nach Riverton. Die Stadt liegt im Landesinneren – weitab vom Meer und seinem für uns inzwischen überlebensnotwendigem Element. Wie schon erwähnt hat das Serum dieses verrückten Professors unsere Körper verändert. Wir sind … tja, was sind wir eigentlich? Gute Frage. Wie nennt man Frauen, denen Flossen wachsen, sobald ihre Füße mit Wasser in Berührung kommen? Fischmädchen? Nixen? Meerjungfrauen? Ehrlich, ich habe keine Ahnung, was genau wir sind. Nur eines weiß ich mit Sicherheit, wenn wir innerhalb von 24 Stunden nicht an Salzwasser kommen, werden wir sehr krank. Und genau aus diesem Grund sind wir hier, in Timber Cove, oder wie ich es nenne, am Arsch der Welt. Wir leben in einer schlichten Zweizimmerwohnung am Hafen. Von wo aus es keine fünfzig Yards hinunter an den Strand sind.


»Ruby!«, reißt mich meine Schwester aus den Grübeleien. Die Fäuste in die Hüfte gestemmt steht sie vor mir und funkelt mich aus ihren grünen Augen böse an.


»Was?«, platzt es aus mir heraus. Ich hasse es, wenn sie mir mit ihrer ich-bin-hier-die-Chefin-Tour kommt, nur weil sie älter ist. Als ob sie mit ihren 29 Jahren so viel reifer wäre als ich.


»Du hast mir schon wieder nicht zugehört!«


»Doch, habe ich«, lüge ich, ohne rot zu werden.


»Also dann komm endlich und hilf mir, Ruby!« Schnaubend geht sie an mir vorbei ins Badezimmer. Es ist noch immer ein wenig seltsam, wenn sie mich mit Ruby, dem Namen, den uns dieser Connor gegeben hat, und nicht mit meinem eigentlichen, Zoey, anspricht. Nachdem wir begriffen hatten, dass es kein Zurück in unser altes Leben gibt, beschlossen wir, diesen Teil hinter uns zu lassen und neu anzufangen. Doch wer hätte gedacht, dass das so schwer werden würde? Ohne einen Ausweis oder andere Papiere hat man verschwindend geringe Chance auf eine Wohnung - von einer Arbeitsstelle ganz zu schweigen. Wenn Tanja und Mr. Brown, der Leiter des Spas, nicht händeringend nach Aushilfen gesucht hätten, wären wir hier nie untergekommen – so viel steht fest.


Eine Klopapierrolle, die mich am Hinterkopf trifft, lässt mich zusammenfahren. »Mann, ich komme ja schon«, maule ich und mache mich an die Arbeit.


Unter Hochdruck putzen wir Zimmer für Zimmer. Wir beziehen Betten, saugen Böden, wischen Badewannen, Duschen und Waschbecken und sehen zu, dass die Toiletten blitzblank sind. Es ist ein Knochenjob, doch wir sind froh, diesen bekommen zu haben. Eine Minute vor elf, also auf den letzten Drücker, schaffen wir es, fertig zu werden. Tanja ist zu unserer Erleichterung zufrieden. Okay, ihrem skeptischen Naserümpfen nach ist sie nicht einhundert Prozent überzeugt, aber auf jeden Fall reißt sie uns nicht den Kopf ab, sondern schickt uns weiter nach unten, in den Speiseraum. Dort gilt es, die Tische für den Lunch zu decken. Weil uns gerade mal eine halbe Stunde Zeit bleibt, rennen wir, um alles zu erledigen. Gläser klirren, Besteck und Teller scheppern, doch wie durch ein Wunder bleibt alles heil. Um halb zwölf haben wir eine zehnminütige Verschnaufpause, in der wir ein paar mitgebrachte Sandwiches herunterschlingen. Dann geht es auch schon mit dem Küchendienst weiter. Meine Beine schmerzen und in meinen Schläfen kündigt ein Pochen Kopfschmerzen an. Doch an eine weitere Pause ist nicht zu denken. Im Gegenteil, Jade und ich kommen so schon kaum hinterher.


Als gegen halb zwei die letzten Gäste den Speiseraum verlassen und wir uns daranmachen, die Tische abzuräumen, fühle ich ein warmes Pulsieren durch meine Beine ziehen. Meine Haut schreit nach Salzwasser, dem einzigen Mittel, das dem Schmerz, der sich langsam, aber sicher durch meine Schenkel frisst, Linderung verschafft. Dummerweise ist unser Arbeitstag noch lange nicht vorbei. Nach dem Aufräumen müssen wir zurück in die Küche, wo wir helfen, Kartoffeln für den Abend zu schälen. Nie hätte ich gedacht, eines Tages als Küchenmagd zu enden. Nicht, dass ich eine berauschende Schulausbildung vorweisen kann, die mir einen guten Job gesichert hätte. Wie denn auch, ohne spendable Eltern. Aber ich bin niemand, der so einfach unterzukriegen ist. Zuhause in Riverton ist es mir gelungen, mich als Künstlerin durchzusetzen. Ich liebe es zu malen. Vielleicht, weil gerade die Ruhe dieser Arbeit so ein Kontrast zu meinem ansonsten hibbeligen Wesen ist. Wer weiß. Jedenfalls hatte ich es vor unserer Reise geschafft, in einigen Bankfilialen Bilder von mir auszustellen. Oft frage ich mich, ob die Leute meine Kunst mögen und das ein oder andere Gemälde einen neuen Besitzer gefunden hat. Tja, ich werde es wohl nie herausfinden.


 Ein Blick auf Jade, zwischen deren Brauen sich eine Falte senkrecht in die Stirn gräbt, verleiht mir ein wehmütiges Gefühl. Ich weiß, dass ihre Beine genauso schmerzen wie meine. Doch sie ist stark, beklagt sich nicht und arbeitet fleißig wie eine kleine Honigbiene. Nach dem Kartoffelschälen sind meine Hände weiß vor Stärke und die Haut meiner Finger schrumpelig. Was würde ich dafür geben, für heute Schluss zu machen und nach Hause, an den Strand, zu gehen. Der Gedanke ans Meer schickt eine feurige Woge durch meine Beine, was in einem unerträglichen Brennen mündet. Doch es hilft nichts, ich muss mich durchbeißen und auch den letzten von Tanjas Arbeitsaufträgen, für den ich sie am liebsten würgen würde, erledigen. Wie ich es hasse, die Wäsche zu waschen! Diese Monsterwaschtrommeln und Trockner sind ohrenbetäubend laut – eine Qual, für mich und meine Kopfschmerzen, die mich schon den ganzen Tag quälen.


Zwei unerträgliche Stunden harren wir in dem heißen Waschraum aus. Dann ist unser Arbeitstag endlich geschafft. Jade und ich können es kaum erwarten, hier rauszukommen. In Windeseile ziehen wir uns um und machen uns auf den Weg. Ich steuere gerade auf die mächtige Drehtür zu, die von der Lobby nach draußen führt, als Andy, der Hausmeister, uns aufhält. Erschöpft drehen wir uns zu ihm um.


»Jade«, sagt er und lächelt meine Schwester verliebt an, »du hast deine Jacke vergessen.« Mit diesen Worten streckt er ihr meine verwaschene Jeansjacke entgegen. Ich verzichte darauf, ihn zu informieren, dass das Teil eigentlich mir gehört. Stattdessen lasse ich ihm die Freude und sehe zu, wie Jade, seinem Blick ausweichend, auf ihn zu geht und ihm den Fummel abnimmt.


»Danke«, murmelt sie.


»Kein Ding, und einen schönen Feierabend euch beiden.« Belustigt beobachte ich, wie sie mit roten Wangen zu mir zurückkommt. Andy ist ein hübscher Kerl. Mit seiner stattlichen Größe, dem dunkeln Haar und der ausgeprägten Kiefer-Kinnpartie, ist er genau der Typ Mann, der sie schwach werden lässt. Er gefällt ihr, keine Frage, und diese Tatsache macht sie verrückt. Auch wenn Jade es nie ausgesprochen hat, weiß ich, dass sie, nach dem Vorfall mit Isaak, keinen Mann mehr an sich heranlassen will.


Normalerweise funktioniert das auch. Ein böser Blick von ihr und die Männer ziehen Leine. Doch Andy ist anders, irgendwie schafft er es, zu ihr durchzudringen. Ich sehe, wie er Jade, die mich gerade am Arm nimmt, versonnen hinterhersieht.


»Komm schon, lass uns gehen«, meint sie, zieht mich mit sich in Richtung Drehtür, aus der just in dem Moment ein Mann tritt, mit dem ich zusammenstoße. Der Aufprall lässt den Riemen meiner Handtasche von meiner Schulter gleiten und das Teil auf den Boden knallen. Schminke, Schlüssel, Tampons und ein Haufen Krimskrams rollen und klimpern über die Fliesen. Verdammt, warum muss ich hohle Nuss auch immer den Reißverschluss offen lassen?, schimpfe ich in Gedanken.


»Entschuldigung«, höre ich den Fremden sagen und sehe, wie er neben mir in die Knie geht und hilft, meine Sachen einzusammeln. Während Jade mit hochrotem Kopf einem Tampon nachjagt, das in Richtung Empfangstresen rollt, werfe ich Kajalstift und Wimperntusche in die Tasche. Mit fliegenden Händen sammle ich alles zusammen.


»Hier, bitte.« Der Typ hält mir eine Handvoll Hustenbonbons und eine verpackte Binde entgegen. Aus einem Reflex heraus hebe ich den Blick, schaue in seine amüsiert wirkenden dunkelbraunen Augen. Wow, wie flüssige Schokolade, staune ich zunächst, doch dann begreife ich, dass der Mistkerl sich über mich, oder vielleicht auch die Slipeinlage, die er in der Hand hält, amüsiert.


»Was denn, noch nie eine Binde gesehen?«, kläffe ich, nehme ihm die Sachen ab und stehe auf.


»Doch«, schmunzelt er und erhebt sich. »Aber noch nie eine Frau, die ihr halbes Zuhause in der Handtasche herumschleppt.« Du blöder Schönling hast auch bestimmt noch nie dein ganzes Hab und Gut verloren. Wütend funkle ich ihn aus zusammengekniffenen Augen an. Was meint der eigentlich, wer er ist?


»Du …«, hebe ich gerade an, als mich Jade von hinten am Oberarm packt.


»Vielen Dank für Ihre Hilfe, Sir.« Mit einem verlegenen Lächeln, zieht sie mich an ihm vorbei. »Und genießen Sie ihren Aufenthalt im Timber Cove Resort«, schleimt sie und drückt mich in eine der Drehtürkammern. Überrumpelt werfe ich noch einen letzten Blick durch die Glasscheibe auf den Kerl, wie er mit selbstgefälliger Miene dasteht. Eine Hand in die Hosentasche geschoben, lässt er seinen unverhohlen neugierigen Blick an mir herabgleiten. Oh man, was würde ich geben, um ihm ordentlich die Meinung geigen zur dürfen. Typen wie er sind das Letzte. Denken, sie wären mit ihren schicken Klamotten, den perfekt sitzenden Haaren und teuren Autos etwas Besseres. Pah! Nur mit Mühe gelingt es mir, den Kopf wieder umzudrehen und sein inzwischen belustigtes Grinsen zu übergehen. In meinem Bauch brodelt die Wut ebenso heiß wie die Flammen in meinen Beinen. Höchste Zeit, dass ich nach Hause und ins Wasser komme. Es wird meine überstrapazierten Nerven beruhigen.

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