Buchvorstellung: Vicotrias Hot Secrets
06:00Heute habe ich die Buchvorstellung zu "Victorias Hot Secrets" von Naomi Noah für euch.
Leon hat mit seinen Kumpels eine Wette am Laufen, wer die schönsten Frauen ins Bett bekommt. Doch bei Victoria beißt er sich die Zähne aus. Im Gegenteil – sie dreht den Spieß um und fordert ihn ihrerseits zu einem Spiel heraus: Er muss ihr widerstehen, sonst verliert er seinen heiß geliebten Oldtimer an sie. Und Victoria fährt ziemlich scharfe Geschütze auf. Bei ihren heißen Dates verdreht sie ihm völlig den Kopf. Leon steht kurz davor, schwach zu werden. Richtig schlimm wird es, als ihm klar wird, dass er nicht nur unausweichlich auf eine erotische Affäre mit Victoria zusteuert, sondern dass er ernsthafte Gefühle für sie entwickelt.
Leseprobe:
HAPPY GO LUCKY
Nichts ist so entspannend wie ein kühles Bier nach einem anstrengenden heißen Tag. Strahlende Sonne am Himmel, die nackten Füße im warmen Sand, in jeder Hand zwei Flaschen kühles Bier für die Kumpels. Nichts ist so entspannend – außer guter Sex!
Aber heute war keiner von diesen Tagen. Bier, Sand, Strandliegen, Kumpels – das musste Leon reichen. Ein Blick auf das Thermometer an der Theke der Beachlounge am Rheinufer verriet ihm, dass es noch immer fünfundzwanzig Grad waren, obwohl es schon früher Abend war. Ein perfekter Junitag, wenn da nicht sein unangenehmes Vorhaben gewesen wäre. Leon wusste, die anderen Jungs würden gar nicht begeistert sein, wenn er ihnen seine Entscheidung mitteilen würde. Aber es wurde Zeit. Er zahlte und nahm die vier Flaschen entgegen. Seine nackten Zehen gruben sich in den feinen weißen Sand, der hier an der Düsseldorfer Uferpromenade aufgeschüttet worden war. Wie schade, dass er den anderen den Abend versauen würde.
»Manuel, Finn, Tom.« Das Glas klirrte, als sie mit den Flaschen anstießen. Die vier Männer nahmen einen großen Schluck und lehnten sich in den bequemen Liegestühlen zurück.
»Wie ich sehe, habt ihr schon ohne mich angefangen?« Bruno gesellte sich zu ihrer Runde. Er kam anscheinend direkt aus dem Architekturbüro, in dem er arbeitete. Nur wenn er Kundentermine hatte, trug er Jeans und Jackett. Letzteres zog er nun sofort aus und strich sich seine braunen Locken nach hinten.
»Unser erster Schluck«, verteidigte Leon sich amüsiert. »Sorry. Ich bin nicht weggekommen. Ich hol mir auch schnell eins. Ach was, direkt fünf, oder? Schließlich haben wir heute was zu feiern.« Er ließ seine Schultertasche in den Sand plumpsen und verschwand in Richtung Theke. »Dein kleiner Bruder ist heute ja richtig großzügig, Leon. So kenne ich ihn gar nicht. Ist etwas Besonderes?« Überrascht nahm Manuel noch einen großen Schluck und spähte zu Finn rüber. So wie Manuel schon seit Vorschultagen Leons bester Kumpel war, so war Finn Brunos bester Freund.
»Wartet nur ab. Ihr werdet gleich schon kapieren, warum.« Finn schien zu wissen, warum Bruno so gut gelaunt war. Er grinste verschmitzt.
Tom stand auf und schob noch eine Strandliege an den niedrigen breiten Holzklotz heran, der als Tisch diente. Dann setzte er sich wieder und legte die Füße hoch.
Sie tranken Desperados, und so, wie sie sich gaben, hätten sie durchaus auch als eine Runde Cowboys durchgehen können, die entspannt um ein Lagerfeuer saßen. Obwohl sie eher gekleidet waren wie Surferboys, die gerade einen wilden Ritt auf den Wellen hinter sich hatten. Alle außer Bruno trugen Flipflops, mehr oder weniger kurze Hosen und lässige T-Shirts.
Bruno erschien mit dem Bier und verteilte es. Dann hob er seine Flasche. »Auf ein herausragendes Ergebnis. Auf die Liebesinsel Ibiza. Und auf eine weitere erfolgreiche
Jagd und darauf, dass ich extrem aufgeholt habe.« Er lachte
breit. Während er den Kopf in den Nacken legte, um zu
trinken, zog er einen Zettel aus seiner Hosentasche hervor
und wedelte damit in der Luft herum.
Tom schaute zu Bruno hoch, der immer noch vor ihnen
stand. »Da hat wohl einer im Urlaub die Glocken läuten
lassen, was?«
»Das schwör ich dir«, warf Finn ein und schlug mit
Bruno zu einem High-Five ein. Beide wirkten unverschämt
siegessicher. »Direkt am ersten Abend sind wir in die MegaDisco.
Alleine für die nackte Haut, die man da zu sehen bekommt,
hätten wir schon zwanzig Punkte verdient. Mensch,
da laufen Frauen rum, da hast du schon beim bloßen Hingucken
Sex«, gab Finn genießerisch an.
Bruno machte es sich auf einem Liegestuhl bequem.
»Keine Angst, Jungs. Es ist alles mit rechten Dingen zugegangen.
Alle Punkte sind ehrlich verdient. Da waren zwei
niedliche Hamburgerinnen, die es an ihrem letzten Abend
noch mal so richtig krachen lassen wollten.« Er holte sein
Smartphone heraus und scrollte durch die Bilder. Dann
hatte er das passende Foto gefunden. »Hier, das sind Babsi
und Nicole.« Er reichte das Smartphone herum.
»Okay, das sind jeweils fünf Punkte, würde ich sagen«,
sagte Tom.
Er wollte Leon das Handy weiterreichen, doch der winkte
ab. »Ich glaub es auch so.
«
Bruno nahm sein Gerät zurück und wischte kurz darüber. »Alina, zwei Tage später, eine Stranderoberung. Sechs
Punkte.« Er zeigte kurz das Bild einer hübschen Frau
im Bikini. Dafür würde ihm niemand die Punkte streitig
machen wollen. »Am Wochenende haben wir Jule und Sabrina in einer Strandbar kennengelernt. Wieder jeweils
fünf Punkte.« Er zeigte schnell das Foto, Manuel und Tom
nickten unisono.
»Und jetzt kommt’s«, sagte Finn geheimnisvoll. »Dann
haben wir unser Territorium neu abgesteckt. Wir sind ins
Café del Mar gegangen.«
»Huh, ins Café del Mar!«
»Genau«, bestätigte Bruno. »Echt entspannt da. Ein bisschen
überteuert, aber hip. Zwei Tage nichts, und dann –
wham! – kam Larissa.
«
Finn lehnte sich vor. »Bruno hatte sich vorgenommen,
in diesem Urlaub seinen persönlichen Highscore zu knacken.
Höher als eine Sieben hatte er bisher nicht geschafft.
Eine Acht war längst überfällig.«
Leon stieß ein abschätziges Schnauben aus. Diese herablassende
Art und Weise war genau der Grund, warum
er keinen Bock mehr auf den Wettbewerb hatte.
»Was ist, Bruderherz? Hast du was dagegen, dass ich mir
auch mal eine Acht genehmige?« Angriffslustig sah Bruno
seinen älteren Bruder an.
»’ne Sieben? ’ne Acht? Ist bei dir auch mehr passiert, als
nur Namen und Punkte einzusammeln?«
Mit einem genüsslichen Blick grinste Bruno in die Runde.
»Da kriegt wohl jemand Schiss!«
Leon schüttelte genervt den Kopf und trank einen Schluck
Bier.
Bruno fuhr fort. »Also, Café del Mar. Zwei Abende ist
nicht viel gelaufen, aber am dritten kam Larissa. Ich wusste
direkt, sie ist außergewöhnlich. Natürliche Schönheit, tolle
Figur, honigblonde lange Haare und strahlend grüne Augen.
Und intelligent und witzig war sie auch noch, wie sich spä-
ter herausstellte. Ich hab sie einen Abend lang nur schüchtern angelächelt. Ich wusste, wenn ich bei ihr zu schnell
rangehe, versau ich mir alles.«
»Und der Plan hat funktioniert!« Finn hob seine Hand
und wollte wieder abklatschen, aber Bruno schien mit seinen
Gedanken woanders zu sein. Im Café del Mar und dem,
was danach passiert war.
»Larissa war … anbetungswürdig.«
»Oh ja, grüne Augen, ihr wisst doch, wie Bruno auf grüne
Augen reagiert«, warf Finn schnell ein, damit es nicht den
Anschein machte, als sei er völlig unbeteiligt gewesen.
»Anbetungswürdig«, wiederholte Bruno, der nicht unterbrochen
werden wollte, »und eine Haut, so samtig wie
Sahne. Eine von den Frauen, die einem nur selten im Leben
begegnen.« Er nippte kurz an seinem Bier. »Am vierten
Abend habe ich sie angesprochen, und wir haben uns zusammen
den Sonnenuntergang angeschaut, stumm, aber
im Geiste schon vereint.« Er machte eine bedeutungsvolle
Pause. »Am fünften Abend haben wir einen Mondscheinspaziergang
am Strand von Cala Salada gemacht. Und am
sechsten Abend, dem vorletzten des Urlaubs, war es endlich
so weit. Und mehr … mehr verrate ich nicht.« Sein
Blick glitt plötzlich sehnsuchtsvoll über den Rhein, der
im frühen Abendlicht schimmerte. Er schloss die Augen,
und das warme Licht drang durch die geschlossenen Lider,
während seine Gedanken zurück zu dieser Nacht wanderten.
Larissa, die ihn mitnahm in ihr nettes kleines Hotel
am Stadtrand von Sant Antoni. Das Zimmer schlicht, aber
geschmackvoll in Weiß und dunklem Holz gehalten. Sie
hatte glücklicherweise ein Kingsize-Bett. Während er darauf
saß und sie anhimmelte, holte sie zwei Flaschen hervor
– Rotwein und Wasser. Dann küssten sie sich leidenschaftlich und ließen sich auf das Bett fallen. Langsam
schob er ihr das lange Kleid mit dem Paisleydruck immer
höher. Ganz sanft glitt es über ihre Oberschenkel. Bruno
ahnte instinktiv, dass sie zwar schön wie ein Reh war, aber
auch genauso scheu. Ihre makellose Haut war nur leicht
gebräunt. Man konnte gerade so erahnen, wo ihr Bikini
gesessen hatte. Als er ihr das Kleid über den Kopf zog,
erblickte er ihre perfekten kleinen Brüste. Ihre Knospen
wirkten unerforscht, und er war begierig, sie zu erobern.
Dennoch schaffte er es, sich weiter zu beherrschen. Er
küsste sie sanft, während er ihr langsam den BH auszog.
Als sie nur noch in ihrem Höschen neben ihm lag, konnte
er fast ihr Herz pochen hören, so aufgeregt war sie. Er ließ
seine Finger ganz sanft über ihre Wangen gleiten, liebkoste
die empfindliche Haut hinter ihren Ohren, wanderte weiter
über ihren Hals, ließ seine Finger über ihr Dekolleté
spielen und legte dann ganz sanft eine Hand auf ihre
Brust. Ihre Lippen tanzten miteinander, und als ihr Atem
immer schneller ging, wusste Bruno, es war so weit. Ganz
sanft strich er über ihre Brüste und schob seine Hand unendlich
langsam weiter hinunter. Er legte seinen Kopf ein
wenig zurück, um sie anzuschauen, während seine Finger
unter den Saum ihres dünnen Höschens glitten. Larissas
Augen waren weit aufgerissen, und sie atmete heftiger.
Brunos Finger glitten tiefer und dann, ganz sanft, fanden
sie ihren Weg in ihre Spalte. Larissa schnappte nach Luft,
als er über ihre Klitoris fuhr. Sie war feucht. Sie war erregt.
Sie wartete nur darauf, dass er ihre Lust entfesselte.
Und mit einem sanften, aber ernsten Gesichtsausdruck
schaute er ihr dabei zu, wie sie von Sekunde zu Sekunde
mehr die Kontrolle verlor. Und ihre Scheu. Seine Finger
spielten mit ihr. Doch Bruno wollte Larissa nicht schnellstmöglich zum Orgasmus bringen. Er wollte sie um den Verstand
bringen. Und obwohl der Ausdruck in ihren Augen
darum flehte, ihr endlich Erlösung zu gewähren, legte
Bruno immer wieder Pausen ein. Erst als ihre Lust unerträglich
wurde, erlöste er sie von ihrer Qual.
Bruno atmete tief durch. Das waren zwei sehr denkwürdige
Tage und Nächte gewesen. Aber davon würde er
den anderen nicht erzählen.
»Bruno? Hallo?« Tom schnipste mit zwei Fingern vor
seinem Gesicht. »Jemand zu Hause?«
Bruno öffnete die Augen und kehrte mit seinen Gedanken
wieder in die Strandbar zurück.
»Das war also deine Acht. Herzlichen Glückwunsch«,
sagte Manuel ohne eine Spur von Neid. »Na, Leon. Ich
glaub, da will dir einer deinen Platz streitig machen.« Manuel
warf Leon einen belustigten Blick zu, der aber weiterhin
gelassen dreinschaute. »Was denn, du lässt deinen
Bruder einfach an dir vorbeiziehen?«
Doch Leon winkte ab, fläzte sich noch tiefer in seine
Liege und legte ebenfalls die Beine hoch. »Soll er doch!«
Plötzlich lag etwas in der Luft. Alle versuchten Leons Gesichtsausdruck
zu deuten. War das ein Scherz? Das konnte
doch wohl nicht ernst gemeint sein? Die Fragen standen
ihnen förmlich auf die Stirn geschrieben.
Als Leon ihre entsetzten Gesichter sah, setzte er sich
aufrecht hin. »Na, was denn? Habt ihr geglaubt, ich mach
da ewig mit? Letztes Jahr, okay, da lag noch ein gewisser
Reiz darin. Aber ehrlich Leute, irgendwann ist auch aus
dem besten Spiel die Luft raus. Ich bin raus.«
Bruno sprang auf und ging einen Schritt auf Leon zu.
»Das soll wohl ein Scherz sein? Das kannst du nicht machen!«
»Was kann ich nicht machen?« Leon strich sich lässig
eine Strähne seiner dunkelblonden Haare aus der Stirn.
»Aussteigen! In dem Moment, wo ich endlich die besten
Chancen habe, dich zu überholen.«
»Hast du mich denn überholt?« Leons Miene verriet
nichts. Stoisch schaute er zu seinem jüngeren Bruder hoch,
der nun ganz nahe an ihn herangetreten war.
»So gut wie! Gib mir noch ein schönes Wochenende,
und ich hab dich am Sack.«
»Dieses Spiel spielen wir doch schon, seit wir Kinder
waren. Immerzu kündigst du an: Bald hab ich dich! Bald
krieg ich dich! Wie oft hast du es tatsächlich geschafft? Hm?«
Leon leckte sich über die Lippen, während er daran dachte,
dass es denkbar wenige Beispiele dafür gab, dass Bruno ihn
in seinem Leben mal übertrumpft hatte. »Und ehrlich gesagt,
hab ich keine Lust mehr, meine Zeit damit zu vergeuden,
darauf zu warten, dass du mich endlich überholst.«
Entgeistert starrte Bruno Leon an. »Du hast Angst. Jawohl,
ich kann es sehen.« Er breitete seine Arme aus und
drehte sich im Kreis. »Mein großer Bruder hat Angst vor
mir.« Er reckte seine Fäuste zum Himmel und stieß einen
kleinen Jubelschrei aus. »Pure Angst.« Dabei stieß er einen
Zeigefinger in Leons Richtung.
Doch der seufzte nur und beugte sich vor. »Also, dann
lass uns mal kurz überschlagen. Als du dir mit sieben
beim Eishockeytraining den Arm gebrochen hast, hab ich
nicht weitertrainiert, damit sie uns zusammen ins Team
aufnehmen. Als du vierzehn warst, bin ich um zehn mit
dir von den Partys nach Hause gefahren, damit du überhaupt
mitkommen durftest. Ich hab den Führerschein
nach der ersten Prüfung bestanden, du hast zwei Anläufe
gebraucht. Ich hab …«
»Ach hör schon auf. Das sind doch alles olle Kamellen.
Ich rede von jetzt. Von uns. Von heute. Wir hier, der DonJuan-Club.
Ich hab auf Ibiza so viele Frauen aufgerissen,
dass dir hören und sehen vergeht. Ich lass dich jetzt nicht
einfach aussteigen.«
»Ich hab keine Lust mehr.« Leon ließ sich zurück auf
die Liege fallen, als sei damit alles gesagt.
Doch so einfach gab sich Bruno nicht geschlagen. »Keine
Lust mehr auf Frauen? Ich bitte dich, wer sollte dir das
glauben?« Er stieß triumphierend mit Finn an.
»Ja, Alter. Keinen Bock mehr auf Frauen gibt es bei dir
nicht«, bestätigte Finn.
Tom pflichtete ihnen bei. »Also ehrlich gesagt, ich könnte
verstehen, wenn du keinen Bock mehr auf das Spiel hast,
aber keinen Bock mehr auf Frauen … Niemals!«
»Hat er auch nicht so gesagt. Er hat gesagt, er hätte keinen
Bock mehr auf das Spiel. Das hast du doch gesagt, oder
Leon?« Manuel verteidigte seinen besten Freund, schien
aber auch überrascht.
Leon strich sich über den stoppeligen Dreitagebart. »So
ungefähr. Ich hab keinen Bock, mir bei jeder Frau, die ich
gut finde, zu überlegen, wie viele Punkte sie bringt.«
Bruno sah aus, als ob er kurz vor dem Platzen stände.
»Nein, da mach ich nicht mit. Das ist nicht fair.«
»Du hörst dich an wie mein kleiner Bruder – als er acht
war.«
»Hör schon auf. Fakt ist, wir haben Gleichstand! Prinz
Harry, sag es ihm. Wir haben Gleichstand!«
Finn nickte. »Yep! Gleichstand.« Prinz Harry war sein
Spitzname, weil er mit seinen rotblonden Haaren und den
vielen Sommersprossen ein wenig aussah wie der ungestüme
englische Prinz.
»Also, was du mir sagen willst, ist, leg gefälligst eine Frau
flach, damit ich dich überhole, ansonsten verliere ich?«
Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute Leon in die
Runde. »Wisst ihr, irgendwann ist dieses Spiel aus dem
Ruder gelaufen. Es ging mal um Verführungskünste, nicht
um Rankings. Die Idee ist irgendwie futsch. Ich will keine
Frauen flachlegen. Ich will sie verführen. Kunstvoll. Stilvoll.«
Bruno unterbrach ihn. »Du hast nur Angst, weil du nicht
mehr den Highscore anführst.«
»Unsere kleine geheime Liste führe ich schon seit fast
elf Monaten an. Die ganze Zeit, ohne Unterbrechung. Schön,
du hast dich jetzt ganz langsam im Ranking hochgeschlafen.
Soll das jetzt ewig so weitergehen? Soll ich etwa wahllos
Frauen flachlegen, wie ihr es anscheinend auf Ibiza
gemacht habt. Das ist nicht mein Spiel. Das war nie mein
Spiel. Ich steige aus. Ich hab keine Lust, es noch zwanzig
Jahre zu spielen, damit du vielleicht irgendwann die
Chance bekommst, mich zu überholen.« Eine Spur zu gelassen,
nippte Leon an seiner Flasche. Er kannte seinen
Bruder gut, und er wusste, das würde ihn noch mehr auf
die Palme bringen.
»Nicht zwanzig Jahre, nicht mal mehr zwanzig Tage. Ich
schwöre es dir.«
»Und wie willst du das machen. Fährst du zurück nach
Ibiza? Du hast keinen Urlaub mehr. Und wie viele Punkte
willst du bekommen, wenn du dir in einer Dorfdisko das
nächstbeste Landei aufreißt. Du weißt, das könnte sogar
Minuspunkte geben.«
Die Stimmung in der Runde war auf dem Nullpunkt.
Brunos Gesicht war vor Zorn gerötet. »Gut. Dann machen
wir ohne dich weiter. Dann führe ich jetzt! Du kannst
ja gerne aussteigen.«
Finn schaute Bruno überrascht an, aber Manuel und
Tom schüttelten so simultan den Kopf, dass man meinen
konnte, sie würden fürs Wasserballett üben.
»Das wird nix. Wenn Leon aussteigt, ist der Club tot.«
»Genau. Wenn der Meister zurücktritt, was soll das Ganze
dann noch?«
»Leute, spinnt ihr? Er hat geführt, aber … jetzt ist Gleichstand.
Außerdem, wir hatten doch alle unseren Spaß, oder?
Wir hatten alle eine gute Zeit – gerade jetzt, die letzten
Wochen waren echt geil.«
»Hammermäßig geil!«, bestätigte Finn.
»Finn, wie viele Punkte hast du eigentlich gemacht?«
Finn zog Bruno den Zettel aus der Hand. »Ein paar schöne
runde pralle Punkte. Lies selbst.«
Tom griff zu und vertiefte sich in die Liste. Er presste
seine Lippen zusammen, dann pfiff er durch die Zähne
und nickte anerkennend. Ja, da war jede Menge gelaufen.
Und es galt der Ehrenkodex, dass niemand schummelte.
Daran hatten sich bisher immer alle gehalten.
»Und, siehst du nun, was ich meine? Wir haben aufgeholt.
Finn ist jetzt auf Platz drei, und ich … ich habe
Gleichstand mit dem Meister.« Das Wort Meister sprach
Bruno mit einem ironischen Unterton aus. »Wenn Leon
jetzt aufhört, okay. Dann hat er nicht gewonnen. Das ist
eine Pattsituation. Wenn er aussteigt, führe ich!«
Tom starrte wie hypnotisiert auf den Zettel und sagte
nichts mehr. Dann lehnte er sich zu Finn hinüber. »Was
für eine Zahl ist das? Eine Fünf oder ’ne Sechs?«
Finn grinste. »Oh Baby. Wir dachten erst, dass sie ’ne
echte Acht ist, aber okay, als wir ihre Stimme hörten und
dann, was sie zu sagen hatte. Na, da waren es nur noch
sechs. Und«, er sah entschuldigend zu Bruno hoch, »dann hat sie den Kaugummi beim Küssen nicht rausgenommen.
Tja, da waren es nur noch fünf.«
Bruno zuckte mit den Achseln. »Fünf ehrlich verdiente
Punkte. Fünf von vierundzwanzig.«
Tom starrte ihn einen Moment an, als dächte er über
etwas nach. Er nahm noch einen großen Schluck und sah
zu Finn rüber. »Du hast dich verrechnet.«
Für einen Moment herrschte absolute Stille. Natürlich
nur an ihrem Tisch. Im Hintergrund plätscherte die LoungeMusik
durch den lauen Sommerabend. Leute lachten, redeten,
flirteten. Am Nachbartisch wurde gerade gezahlt,
und die Kellnerin zählte laut die Summen zusammen.
Doch ihre Welt stand für einige Sekunden still. Ein süffisantes
Lächeln blitzte in Leons Gesicht auf.
Bruno riss Tom den Zettel aus der Hand. Konzentriert
rechnete er nach. »Scheiße! Echt Mann, Finn! Was bist du
noch mal? Controller?«
Tom versuchte ebenfalls, sich ein Grinsen zu verkneifen,
aber Manuel konnte nicht mehr. Er hielt sich zwar den
Mund zu, aber ganz leise war ein Kichern zu hören.
Finn kontrollierte nun selbst den Zettel. Ungläubig schüttelte
er den Kopf. »Shit, Bruno, das tut mir leid. Echt wahr.
Ich versteh das nicht.«
Leon trank den letzten Schluck aus der Flasche und
setzte sich auf. »Also gut. Dann hab ich gewonnen und
beende das Spiel hiermit offiziell. Zumindest für mich.
Ihr könnt gerne ohne mich weitermachen.«
»Nein, das geht nicht. Nicht jetzt. Nicht ausgerechnet
jetzt. Ich meine, ich brauche nur noch eine Frau, dann führe
ich.«
Leon seufzte laut. »Siehst du, genau darauf hab ich keinen
Bock mehr. Hörst du dich selbst reden? ›Ich brauche nur noch eine Frau.‹ Als würde man eine Runde Billard
spielen.« Er schüttelte den Kopf. »Wisst ihr, ich dachte,
wir machen das hier, um Spaß zu haben. Ich dachte, wir
wollten Meister des Fachs werden, nicht einfach nur einlochen,
Punkte aufschreiben und die Nächste angraben.
Echt Leute, darauf hab ich keinen Bock. So macht das keinen
Spaß.« Er stand auf. »Ich hol uns noch ’ne Runde.«
Damit ließ er die anderen alleine zurück.
Verdutzt schauten ihm alle hinterher – alle, außer Bruno.
Der kochte innerlich. »Nein, das kann er nicht machen.
Nicht jetzt. Nicht mit mir.«
»Aber wenn er keine Lust mehr hat.«
»Er muss mir eine Chance geben zu gewinnen. Er muss!«
Manuel stand nun auch auf. Er strich sich die dunklen
Locken aus dem Gesicht und seufzte. »Lass gut sein.
Ich verstehe, was Leon meint. Ich will auch mal auf einer
Party mit einer Frau sprechen können, ohne an das Ranking
denken zu müssen.« Mit diesen Worten folgte er Leon.
Bruno schaute Finn an. Der schien ebenso wenig damit
einverstanden, dass alle hinschmissen, wie Bruno selbst.
»Ich bin auf Platz drei. Ich war noch nie auf Platz drei.«
Die Enttäuschung in seiner Stimme war nicht zu überhören.
»Tom, was sagst du dazu?«
Der strich sich über seinen rasierten Schädel. »Ein wenig
überrascht bin ich schon. Aber ehrlich gesagt, es stimmt,
was Leon und Manuel sagen. Wir hatten mal gesagt: Klasse
statt Masse. Ich finde auch, ein Jahr ist lang genug für so
ein Spiel.«
An der Theke der Strandbar trat Manuel neben Leon.
»Meinst du es ernst? Das mit dem Aufhören.«
Leon klopfte rhythmisch mit einem Bierdeckel auf das
Holz. »Ich hab mal überlegt, mit wie vielen Frauen ich in
den letzten Monaten im Bett war, die ich ohne das Spiel
nicht mal angesprochen hätte. Irgendwann ist doch der
Reiz weg.«
»Das kannst du Bruno nicht antun. Er hat so gehofft zu
gewinnen.«
»Er wird drüber hinwegkommen.« Leon rückte auf. Vor
ihnen standen noch drei Leute in der Schlange.
Manuel warf einen Blick zurück zu ihrer Sitzgruppe.
Bruno redete hitzig auf Finn und Tom ein. »Regt sich ganz
schön auf, dein kleiner Bruder.«
»Mhm …«, gab Leon vage zurück, denn gerade eben
hatte er etwas gesehen, das seinen Blick fesselte. Drei Frauen
betraten soeben das Gelände der Beachlounge. Die erste
mit einer dunklen Mähne und einem sympathischen
Lächeln, die zweite eine rassige Rothaarige. Hinter ihnen
ging ein faszinierendes Wesen mit einer weißblonden
Kurzhaarfrisur. Auf einer Seite hingen ihr die Haare bis
unters Kinn hinab. Die Frau erinnerte Leon an Pink, nur
dass sie etwas größer war und eine schmale gerade Nase
hatte. Sie war so groß wie er, stellte Leon fest, als sie dicht
an ihnen vorbeiging. Leon konnte nicht anders, als ihr hinterherzustarren.
Kurz hinter ihm blieb die Blonde plötzlich stehen. Sie
zog sich die Sandalen von den Füssen und folgte den anderen
Frauen barfuß durch den warmen Sand. Ihr rasierter
Nacken endete an einem schwanengleichen schlanken
Hals.
Manuel hatte in der Zwischenzeit bestellt, und Leon
schob schnell einen Geldschein über den Tresen. Er griff
sich zwei Flaschen. Die Frauen liefen ein paar Meter vor ihnen her. Sie suchten nach einem freien Platz. Jetzt steuerten
sie genau ihren Nachbartisch an, legten ihre Taschen
ab, und zwei von ihnen ließen sich nieder.
»Was wollt ihr?«, fragte die Blonde. »Lieblingscocktail?
Lieblingscocktail?« Die anderen nickten, und die Frau drehte
sich um.
Die Abendsonne stand tief hinter ihr am Himmel und
schickte goldene Reflexe über ihr Haar. Leon, der ihr jetzt
genau ins Gesicht sah, blieb wie angewurzelt stehen. Ihre
Schultern waren muskulös, was durch das paillettenbesetzte
schwarze Tanktop, das sie zur Jeans trug, gut zu erkennen
war. Für eine Sekunde begegneten sich ihre Blicke,
dann ging sie an ihm vorbei.
Leon konnte sich nicht entscheiden, ob sie eine feenhafte
Grazie war oder eine toughe Powerfrau. Sie hatte
von beidem etwas. Von der Sonne geblendet, hatte er zu
wenig erkennen können. Zögerlich setzte Leon seinen Weg
fort. War sie wirklich so hinreißend, wie der kurze Anblick
es vermuten ließ?
»Also, da mach ich nicht mit. Wir hören jetzt nicht auf.
Ich will eine faire Chance!« Bruno lamentierte noch immer
lautstark.
Nicht schon wieder das. Das war so typisch für seinen
kleinen Bruder. Immer musste er alles haben und alles
tun, was Leon auch tat. Und wenn es bei ihm nicht richtig
klappte, war er sauer. So war das schon, seit Bruno laufen
gelernt hatte. Ein Blick zum Nachbartisch verriet Leon,
dass Bruno zu laut war. Die zwei Frauen schauten bereits
in ihre Richtung. »Jetzt mal ganz ruhig. Schalte einen Gang
zurück.« Der letzte freie Liegestuhl war zur Schattenseite
ausgerichtet, aber das machte Leon nichts, denn so hatte
er einen guten Blick auf den Nachbartisch.
»Ich will aber …«
Leon unterbrach seinen Bruder. »Können wir die Unterhaltung
vielleicht in normaler Lautstärke fortsetzen?
Es muss ja nicht jeder mitbekommen.« Er nickte ganz leicht
mit dem Kopf rüber zum Nachbartisch.
Bruno bemerkte die beiden Frauen erst jetzt. Sein Blick
blieb kurz bei der mit den kupferroten Haaren hängen.
Trotzdem dämpfte er seine Lautstärke nur leicht. »Ich
werde jetzt nicht aufhören.«
»Wenn du unbedingt gewinnen willst, dann können wir
uns ja auch was anderes überlegen. Irgendwas. Radrennen
von mir aus, darin bist du doch top.«
Bruno schnellte von der Liege hoch. »Nein, nix da. Wir
machen mit dem Ranking weiter. Lass uns wenigstens das
Jahr vollmachen!«
Leon verdrehte die Augen, bemerkte aber dabei, wie
die Blonde mit drei Cocktails an den Nachbartisch trat.
Er musste die Diskussion ganz schnell beenden, bevor die
drei Grazien mitbekamen, worüber sie sich gerade unterhielten.
Sein Blick hing weiter an der blonden Frau. Die
Abendsonne verlieh ihrem Teint einen bronzenen Glanz.
Ja, sie war wirklich so schön, wie er vermutet hatte. »Ich
überlege es mir.«
Bruno hatte sich wieder gesetzt. »Nein, nix da. Ich will
jetzt und hier deine Zusage – zwölf Monate insgesamt! Die
Chance musst du mir geben.«
Leons Blick wanderte noch einmal kurz rüber zum anderen
Tisch. Bruno war mit jedem Wort wieder lauter geworden,
und jetzt sahen alle drei zu ihnen herüber. Leon
schnappte sich das Stück Papier, auf dem das Ranking
penibel aufgelistet war, und starrte mit einem genervten
Gesichtsausdruck darauf. »Also gut, das wäre also dann genau diesen Samstag in vier Wochen. Aber nur, wenn du
jetzt sofort mal einen Gang runterschaltest und in einer
Lautstärke sprichst, in der nicht die ganze Strandbar mitbekommt,
worüber wir hier reden.« Seine Stimme bekam
einen drohenden Unterton.
Trotzdem schnellte Bruno hoch und riss die Faust in
die Höhe. Er jauchzte laut auf. »Yes! Ich werde gewinnen.
Ich werde … Nein, nicht!« Er stürzte auf Leon zu, der ein
Feuerzeug hervorgezogen hatte und unter das Papier mit
dem Ranking hielt.
»Ich hab gesagt, nur wenn du sofort runterkommst.
Das meine ich ernst«, presste er leise zwischen den Zähnen
durch. »Jetzt sei leise, oder ich fackle die Liste ab. Eins,
zwei …«
»Schon gut, schon gut!« Mit einem breiten Grinsen auf
dem Gesicht klatschte Bruno bei Finn ab und setzte sich.
»Dann also ein letztes Gefecht. Die ultimative Schlacht!
Ich hol mir eine, die kaum zu überbieten ist. Eine Sexgöttin.«
Er stand auf und ließ seinen Blick über die Menge
schweifen.
Das Gelände war mit Sand aufgeschüttet worden, überall
standen Palmen in Plastikkübeln und Sonnenschirme
aus Bast. Es herrschte eine quirlige Atmosphäre, nicht wirklich
Party, eher After-Work-Relaxing war angesagt. Cocktails,
Aperol, Bier und Lounge-Musik. Die Besucher waren
alle zwischen zwanzig und vierzig, jung, hipp, Single. Hier
würde sich für jeden Paarungswilligen ein Deckelchen
finden.
»Vote!«
Brunos Blick schnellte zu Leon. »Scheiße!« »Vote« war
das Codewort für »reserviert«, damit sich nicht zwei Männer
um eine Frau stritten. »Wer?«
Gestern hatte ich das Interview mit Naomi Noah für euch. Falls ihr es verpasst habt, hier könnt ihr es nachlesen. Morgen gibt es dann noch das Gewinnspiel.
Gestern hatte ich das Interview mit Naomi Noah für euch. Falls ihr es verpasst habt, hier könnt ihr es nachlesen. Morgen gibt es dann noch das Gewinnspiel.
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