Buchvorstellung: Haus der Vergangenheit

06:00

Diesmal darf ich euch den Debütroman "Haus der Vergangenheit" von Jacky Unknown vorstellen.

Kurzbeschreibung
Elisa Arendt arbeitet als Lektorin in einem renommierten französischen Verlag in Paris. Obwohl sie sehr erfolgreich ist, stellt sie ihr Leben zunehmend in Frage. Während einer Auszeit auf Korsika lernt sie unverhofft Léonard Besson kennen und verliebt sich in ihn. Wenig später erfährt sie von einer seltsamen Erbschaft: einem Haus in Schleswig-Holstein, das ihr ein unbekannter Mann, Klaus Winter, vermacht hat. Sie reist dorthin, um mehr darüber zu erfahren. Auf den ersten Blick sieht alles nach Selbstmord aus, doch die Kripo hat schnell Zweifel daran. Die Ermittlungen gestalten sich allerdings sehr zäh, der Kreis der Verdächtigen wird immer größer. Elisa wird zunehmend selbst in den Fall verwickelt und auf unheimliche Spuren ihrer eigenen Vergangenheit geführt, die sie schließlich in tödliche Gefahr bringen.

Lesesprobe:
Sonntag, 17. Februar 1980 Der Winter war besonders eisig in diesem Jahr und würde sich noch lange in den Frühling hineinziehen. Die Fenster waren so stark beschlagen und zum Teil sogar gefroren, dass sie nicht hinausblicken konnte. Das Haus war in einem schlechten Zustand. Er hatte lange Zeit nichts mehr daran gemacht. Dolores Winter kniete nieder, um in dem kleinen Ofen in der Küche Holz nachzulegen. Auf einer dicken Wolldecke saß Felix und spielte fröhlich mit seinem Teddy. Sie lächelte ihn an, denn sie war glücklich, wenn er es war. Sie liebte Momente wie diesen und versuchte, sie so intensiv wie möglich wahrzunehmen und in sich aufzusaugen. Dieses Glück mit ihrem Sohn war das Einzige, das ihr in ihrem armseligen Leben geblieben war. Sie gaben ihr die Kraft, all die anderen schrecklichen Momente durchzustehen, in denen sie nur an Felix dachte und daran, dass sie das alles für ihn ertragen musste. Sie zündete eine Flamme auf dem Gasherd an und setzte einen Topf mit Milch darauf an. Sie blickte zur Uhr. Es war nachmittags kurz nach vier. Ihr Mann war in die Dorfkneipe gegangen, um mit seinen Kumpanen Karten zu spielen. Am Ende würde er sich, wie immer, volllaufen lassen und vielleicht auch wieder mit einem blauen Auge zurückkommen, weil sie sich betrunken beim Spielen streiten und anschließend gegenseitig die Köpfe einschlagen würden. Einmal wurde er sogar von der Polizei nach Hause gebracht. Sie fürchtete immer diesen Moment, wenn er nach Hause kam. Jeden einzelnen Tag. Es ging selten gut für sie aus. Doch sie wollte sich nicht den Nachmittag mit der Angst vor der bevorstehenden Rückkehr ihres besoffenen Mannes verderben. Erfahrungsgemäß kam er sonntags meist nicht vor acht oder neun Uhr abends nach Hause. Die Zeit bis dahin wollte sie so intensiv wie möglich genießen. Sie goss die warme Milch in eine Tasse, rührte Kakaopulver hinein und setzte sich zu Felix auf die Decke. Er krabbelte auf ihren Schoß und trank die Milch mit ihrer Hilfe in kleinen Schlucken aus der großen Tasse. Dolores vergaß darüber völlig die Zeit. Sie spielten mit dem Teddy und hörten Musik aus dem kleinen, alten Radio. Gerade als sie aufgestanden war, um Felix vor dem Schlafengehen noch etwas zu essen zuzubereiten, schlug jemand von draußen an die Haustür. Es war mittlerweile fast sechs Uhr und die Dunkelheit war bereits hereingebrochen. Alles in ihr sträubte sich, die Tür zu öffnen. Sie nahm Felix auf den Arm und setzte sich mit ihm auf die Küchenbank. „Du brauchst keine Angst zu haben! Ich beschütze dich! Sei ganz leise, dann passiert nichts“, flüsterte sie ihm zu und streichelte ihm dabei zärtlich über den Kopf. Sie wartete. Es blieb still. Nur das Knistern des Feuers im Ofen war zu hören. Sie atmete auf. Es musste der Wind gewesen sein oder ein Ast, der gegen die Tür geknallt war. Sie stand auf, setzte den Jungen auf die Bank und ging zum Ofen, um einen weiteren Scheit Holz nachzulegen. Ein erneuter Schlag ließ sie in diesem Moment zusammenzucken. Sofort nahm sie Felix wieder auf ihren Arm und hielt inne. Da knallte es wieder. Es wurde immer stärker und hörte sich nun eindeutig danach an, dass jemand vehement gegen die Tür schlug. Angst kroch in ihr hoch. Warum war er schon zurück? Warum schloss er nicht selbst die Tür auf? Sie war wie gelähmt und wusste nicht, was sie tun sollte. Ein unerwarteter Knall ans Küchenfenster ließ sie zusammenfahren. „Mach endlich die Tür auf, du Miststück! Sofort!“, brüllte eine Männerstimme. Er war es tatsächlich.

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